14.06.2016 - Wirtschaft fordert Ausnahmeregelung bei Mindestlohnerhöhung für betroffene Unternehmen in Sachsen-Anhalt

Nach ihrer Geschäftsordnung wird die Mindestlohnkommission zum 30. Juni 2016 über eine Anpassung des Mindestlohnes entscheiden. Der Allgemeine Arbeitgeberverband der Wirtschaft für Sachsen-Anhalt e. V. (AVW) hat die Mindestlohnkommission aufgefordert, die Anpassung des Mindestlohnes ab 1. Januar 2017 für Sachsen-Anhalt auszusetzen, bis eine wirtschaftliche Erholung auf dem Niveau der neuen Bundesländer erreicht worden ist.

Nachdem am 1. Januar 2015 der Mindestlohn eingeführt wurde, hatten insbesondere in den neuen Bundesländern betroffene Unternehmen Personalkostensteigerungen i. H. v. ca. 20 Prozent zu verkraften.
Da die wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Bundesländern immer noch weit hinter der Entwicklung der alten Bundesländer liegt, ist dringend eine differenzierte Betrachtung des Mindestlohnes notwendig.

Nach dem Mindestlohngesetz § 9 Abs. 2 (MiLoG) und der Geschäftsordnung der Mindestlohnkommission (MLK) ist eine Orientierung an der Entwicklung des Tarifindex vorgesehen. Das Statistische Bundesamt stellt fest, dass der monatliche Index der tariflichen Stundenverdienste ohne Sonderzahlungen im Zeitraum Dezember 2014 bis Februar 2016 um 2,6 Prozent gestiegen ist. Wie bekannt geworden ist, wird sich die MLK bezüglich der Mindestlohnerhöhung zum 1. Januar 2017 an diesem Indikator orientieren.[1]

Eine Orientierung ließe allerdings auch eine differenzierte Betrachtung nach alten und neuen Bundesländern sowie nach Wirtschaftszweigen zu, so dass zunächst auch Ausnahmeregelungen für die wirtschaftlich schwachen Bundesländer eine Alternative wären, so Dr. Sigrun Trognitz, Geschäftsführerin des AVW.
„Das Bruttoinlandsprodukt … war in Sachsen-Anhalt im Jahr 2015 mit einem Plus von 0,1 Prozent (preisbereinigt) gegenüber dem Vorjahr fast unverändert. Die Wirtschaftsentwicklung in Sachsen-Anhalt blieb 2015 hinter der Entwicklung in Deutschland und den neuen Bundesländern ohne Berlin zurück. In Deutschland betrug das Wirtschaftswachstum 1,7 Prozent, in den neuen Bundesländern ohne Berlin 1,5 Prozent.“[2]
2016 wachsen die Zukunftssorgen in der Wirtschaft Sachsen-Anhalts.
Diese Umstände der Konjunktur- und Arbeitsmarktentwicklung sind für uns Grund an die Mindestlohnkommission zu appellieren, von der Möglichkeit einer Abweichung vom Tarifindex Gebrauch zu machen (§ 3 Abs. 2 Geschäftsordnung der MLK, Beschlussfassung über die Anpassung des Mindestlohnes nach § 9 MiLoG).
Eine Anpassung des Mindestlohnes i. H. v. 2,6 Prozent hätte aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in den Unternehmen Sachsen-Anhalts weitere negative Folgen.
Wir haben die Mindestlohnkommission aufgefordert, die Anpassung des Mindestlohnes ab 1. Januar 2017 für Sachsen-Anhalt auszusetzen, bis eine wirtschaftliche Erholung auf dem Niveau der neuen Bundesländer erreicht worden ist, so Trognitz.

[1] Statistisches Bundesamt, PM Nr. 071 vom 1. März 2016
[2] Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, PM Nr. 65/2016 vom 30. März 2016